von Accra nach Cape Coast
Am 18.01.2015 sind wir von Äthiopien auf in das letzte Land unserer Weltreise: Ghana!
In Accra sind wir im schönen Africa – Swiss Guesthouse bei der Schweizerin Ursula untergekommen und hatten so einen entspannten Einstieg in dieses Land. Wir haben uns dann eineinhalb Tage Zeit genommen um Accra zu erkunden. Und es fühlt sich so toll an hier: bei tropischem Klima hört man überall aus überdimensionierte Lautsprechern coole Rap- und Reggae Musik während an den Straßen eine Garküche nach der anderen steht und zum Verweilen einlädt, auch wenn man keine Ahnung hat was man hier wohl zum Essen bekommt. Die Frauen kleiden sich mit Tüchern mit tausend bunten Farben und allen möglichen Mustern während sie ihre Kinder wie überall in Afrika mit einem Tuch über den Rücken gebunden tragen!
Wir waren dann unter anderem am Indenpendence Square mit seinem Triumphbogen, der das ghanaische Wahrzeichen, den Black Star, auf seinen Säulen trägt. Außerdem haben wir uns eine ehemalige Sklavenburg, das Osu Castle angesehen. Diese ist allerdings der Öffentlichkeit nicht zugänglich, da es als Regierungsgebäude genutzt wird. Zudem haben wir uns ein paar Stadtteile angesehen und uns langsam wieder an das tropische Klima gewöhnt.
Am Tag darauf sind wir dann nach Cape Coast, der Stadt in dessen Nähe das Dorf liegt, in dem wir arbeiten wollten. Cape Coast liegt etwa 140 km westlich von Accra und beherbergt etwa einhunderttausend Menschen. Um die Bedeutung und Geschichtsträchtigkeit des Ortes zu verstehen, muss man die gesamte ghanaische Geschichte kennen.
Das ursprüngliche Ghana lag im heutigen Mali (also weiter nördlich) und der westafrikanische Subkontinent wurde über etwa eintausend Jahre fast ausschließlich von drei Kaiserreichen, Gana, Mali und Songhay geprägt. Das änderte sich mit Ankunft der Europäer im 15. Jahrhundert. Und die Portugiesen mussten sehr überrascht gewesen sein, denn statt auf Wilde, Kannibalen und Monster, die laut Sagen dort leben sollten, traf man auf Menschen die keineswegs Anstalten machten die Neuankömmlige zu verspeisen. Vielmehr fanden sie ein Land vor, in dem man sich verschiedenen Handwerkskünsten wie der Bildhauerei und dem Weben und Färben von Stoffen widmete. Viel interessanter für die Portugiesen war aber die Tatsache, dass es hier auch eine ausgezeichnete Goldschmiedekunst gab. Und so wurde die Küste des heutigen Ghana erst Goldmine und später Goldküste genannt und diesen Namen trägt sie auch heute noch. Der Ort an dem die Portugiesen an Land gingen war Elmina und dieser befindet sich nur etwa 15 km von Cape Coast entfernt. Zunächst wurde nur mit Elfenbein, Gold und Gewürzen gehandelt, das änderte sich mit der Entdeckung Amerikas. Die europäische Nachfrage nach Tabak, Zucker und Baumwolle, was auf den amerikanischen Plantagen erzeugt wurde, bewirkte eine enorme Nachfrage nach billigen Arbeitskräften. So entstand ab 1505 der Sklavenhandel und setzte so eine 300 jährige Phase des Dreieckshandels zwischen Afrika, Amerika und Europa in Gang. Das ertragreiche Geschäft mit Gold und Sklaven entfachte dann auch das Interesse anderer europäischer Länder (England, Holland, Preußen, Dänen, Franzosen und Schweden), welche sich dann sukzessive an der Küste niederließen. Was folgte war eine andauernden Handelskonkurrenz um die Vormachtstellung vor Ort. Nach dem Verbot des Sklavenhandels um 1850 verloren viele Nationen aber das Interesse, was am Ende die Briten für sich zu nutzen wussten. Was folgte war die Missionierung und Kolonialisierung des gesamten Landes. Als Hauptstadt diente den Briten dabei für eine gewisse Zeit Cape Coast. Und das brachte der Stadt eine bis heute andauernde Stellung als intellektuelles Zentrum Ghanas ein. Die Unabhängigkeit erreichte Ghana dann gewaltlos im Jahre 1957.
In Cape Coast steht wohl die wichtigste von drei ghanaischen Sklavenburgen, die zum UNESCO Weltkulturerbe zählen (Sklavenburgen gibt es noch viele mehr). Der Besuch dieser war eine beeindruckende und zugleich berührende Reise in die Vergangenheit. Von Cape Coast Castle aus sind alle drei Monate eintausend Sklaven in die neue Welt verschifft worden. Auf diese Weise beherbergte die Burg über die Jahre etwa die Hälfte der geschätzt 12 Millionen verschifften Sklaven Afrikas! Vor der Abreise wurden die Sklaven aneinander gekettet und mit Brandeisen gebrandmarkt. Danach wurden sie in nahezu stockfinstere Dungeons (150 m²) zu je 200 Mann gesperrt. Eine Kanalisation gab es nicht und so standen diese Menschen kniettief in ihren eigenen Exkrementen. Vor Ort breitet sich so ein sehr ergreifendes Gefühl aus und man wundert sich, dass unter diesem Umständen Menschen überhaupt überleben konnten! Sklaven die nicht folgsam waren wurden in einen Raum ohne Licht und Verbindung nach außen gesperrt und nach ihrem Ableben ins Meer geworfen! An dieser Stelle möchten wir auch anmerken, dass der Sklavenhandel bereits vor der Ankunft der Europäer, nämlich mit den Arabern, Römern und Griechen stattfand und das in diesen auch während der Zeit der Europäer viele ghanaische Stammesshäuptlinge in den Sklavenhandel involviert waren. So haben wir hier auch Menschen getroffen, die Verneinen, dass Menschen in der Karibik Nachkommen Ghanas sind, schließlich sind diese ja vor Jahren dorthin verkauft worden!
Ando Modular Aid und Baobab Children Foundation
Eine große Motivation diese Reise zu beginnen war es immer irgendwo für mehrere Wochen in einer gemeinnützigen Einrichtung zu arbeiten. Als wir vor etwa zwei Jahren begonnen haben uns Gedanken zu machen wo wir arbeiten können, war uns schnell klar, dass wir es dort machen wollen wo wir auch unsere ersten Erfahrungen im Volunteering gemacht haben, nämlich in Afrika (genauer in Tansania 2009). Irgendwann haben wir dann die Organisation Ando Modular Aid (auch auf Facebook) meines Arbeitskollegen kennengelernt und seine Idee hat uns sehr gut gefallen. Ando Modular ist eine deutsche NGO, die über Jahre Geld gesammelt hat (und es noch immer tut) um im ländlichen Ghana ein Krankenhaus für Kinder zu bauen. Das ist durchaus etwas besonderes, da es in ganz Ghana bisher nur ein Krankenhaus gibt, das ausschließlich Kinder behandelt. Bei dem Projekt wurde unter anderem viel wert auf Nachhaltigkeit gelegt und so ist zum Beispiel eine autarke Stromversorgung mittels Solarzellen und eine nachhaltige Abwasserentsorgung vorgesehen. Zum Zeitpunkt als wir uns entschieden haben die Reise zu planen, alles mit unseren Arbeitgebern besprochen haben und die Flugtickets gebucht haben, befand sich die Klinik noch nicht im Bau. Alle bestehenden Verträge besagten aber, dass die ersten Module in absehbarer Zeit fertig gestellt werden. Wir haben zu dieser Zeit noch einen großzügigen Puffer hinzugefügt.
Uns war dann aber bereits während der letzten Wochen und Monate auf unserer Reise bewusst, dass die Klinik bei unserer Ankunft nicht fertiggestellt sein wird. Nichts desto trotz haben wir aber damit gerechnet, dass sie im Zeitraum unserer Anwesenheit vollendet werden wird. Wie wir aber in unseren ersten Tagen in Cape Coast feststellen mussten, ist der Baufortschritt hinter unseren Erwartungen zurückgeblieben. Die Möglichkeit dort aktiv medizinisch zu arbeiten war also erst mal dahin!
Wir haben dann erst einmal einige Tage damit verbracht um uns neu zu organisieren. Unter anderem haben wir eine US Amerikanerin kennengelernt, die hier eine sehr interessante und gut geführte NGO leitet (dazu demnächst mehr). Sie befindet sich aber nicht ganzjährig in Ghana und da in ihrem Haus viel Platz ist, wohnen wir mittlerweile in einer deutsch-ghanaischen WG!
Nach und nach haben sich dann auch Möglichkeiten eröffnet medizinisch tätig zu sein und so arbeiten wir zur Zeit in verschiedenen Einrichtungen und Prokjekten. Diese möchten wir im Folgenden vorstellen.
Anfangen wollen wir mit der Baobab Children Foundation (auf Facebook), einer deutschen NGO (Nichtregierungsorganisation). Wir haben diese kennengelernt, weil die Organisation in Cape Coast ein gleichnamiges Guesthouse führt und dort ein unheimlich gutes vegetarisches/veganes Essen anbietet! Die Organisation wurde 2001 von Edith de Vos in Freiburg gegründet und fördert Schüler, die die normale Schule aus verschiedenen Gründen nicht bewältigt haben oder sich diese einfach nicht leisten können. Auf diese Weise bietet es vielen Kinder eine einmalige Chance, die ihnen sonst verwehrt bliebe. Sich selbst bezeichnet die Organisation als Jugendausbildungszentrum. Unter anderem gibt es dort auch eine ganze Reihe körperlich benachteiligter Schüler.
Diese Kinder hätten ohne die Organisation keine Chance auf ein Leben in der Mitte der Gesellschaft. Viele dieser Kinder werden von ihren Familien schlicht vernachlässigt und in ihren individuellen Fertigkeiten nicht gefördert. Ein gutes Beispiel hierfür ist ein Schüler namens Daniel. Dieser leidet an einer Lähmung der Beine und einer massiven Verkrümmung der Wirbelsäule. Die bisherigen Jahre seines Lebens hat er ausschließlich auf Knien kriechend verbracht und hat der Familie auch bei der Feldarbeit helfen müssen. Nach Aufnahme in das Schulprojekt bekommt er nun die Gelegenheit eine normale Schulbildung (Lesen/Schreiben!) und eine Ausbildung zu erhalten. Es erfolgt unter anderem auch eine Versorgung mit einfachen Hilfsmittel, wie Krücken, Rollstuhl usw.. Was die Baobab Foundation für diese Kinder leistet ist also enorm. Eine physiotherapeutische Versorgung und Förderung, welche für die Entwicklung dieser Schüler sehr wichtig ist, existiert jedoch nicht. Es gibt vor Ort aber ganzjährig vier deutsche Volontäre, die mit einigen der Schüler bereits Übungen durchführen. Dies jedoch ohne jede professionelle Anleitung. Aktuell arbeiten wir zusammen mit diesen und den ghanaischen Mitarbeitern des Projektes daran, die Probleme der Kinder zu analysieren um dann Übungen/Behandlungen zu etablieren. Auf diese Weise erhoffen wir uns eine dauerhafte Verbesserung der Alltagsfertigkeiten und der Beschwerden der Kinder. Die Arbeit vor Ort bereitet uns viel Spaß und die Kinder danken es einem prompt! Vor allem tut es gut, eine gut geführte Hilfsorganisationen im Ausland live arbeiten zu sehen!
Cape Coast Health Center
Eine unserer Tätigkeiten hier ist die medizinische Arbeit in einem Health Center im modernen Teil Ghanas, Cape Coast.
Die Einrichtung kann man sich wie eine Mischung aus Notaufnahme und großer Hausarztpraxis vorstellen. Täglich kommen hier etwa 80 Patienten mit Krankheitsbildern aus allen Fachgebieten. Davon einige aus den entfernten Dörfern, die weite Wege auf sich nehmen um hierher zu kommen. Familien kommen dann meist nicht nur mit dem einen kranken Kind, sondern alle Familienmitglieder werden mitgebracht und bei der Gelegenheit auch gleich durchgecheckt :). Die Lage des Health Center in der Stadt verspricht eine gewisse Versorgungsqualität, da man hier auch Einrichtungen für Röntgenbilder oder Laboruntersuchungen in der Nähe hat.
Der absolute Großteil der Patienten leidet an Infektionskrankheiten, die zusammen etwa drei viertel aller Behandlungen ausmachen. Spitzenreiter sind Malaria, Infektionen der Atemwege und Durchfallerkrankungen. Ghana ist eines der wenigen afrikanischen Länder das eine kostenlose, medizinische Grundversorgung für die gesamte Bevölkerung vorsieht. Alles was jedoch über die Grundversorgung hinaus geht, muss der Ghanaer selbst aufbringen und genau das kann sich eigentlich keiner leisten. So versterben hier viele Menschen, die in Deutschland sehr gut versorgt werden könnten. Ein Großteil des Erstkontakts in Ghana wird von einem sogenannten medizinischen Assistenten oder von Krankenschwestern ausgeführt. Der medizinische Assistent stellt eine Art Arzt dar, ohne jedoch eine lange und kostenintensive Ausbildungszeit zu durchlaufen. Diese verfügen dadurch über ein relativ oberflächliches medizinisches Wissen. Wir finden aber, dass dieses System und die Gesundheitsprogramme in einem gewissen Rahmen doch ordentlich funktionieren. So werden zum Beispiel ähnlich wie in Deutschland die meisten der Kinder (genauer 80% in unserem Einzugsgebiet) gegen viele Krankheiten bereits im Säuglingsalter geimpft. So kommen hier Gelbfieber, Diphterie, Tetanus usw. genauso selten vor wie zu Hause. Nichts desto trotz unterscheidet sich die Medizin, die hier praktiziert wird, natürlich sehr von dem was man in Deutschland kennt. Vor allem die eingeschränkte Zuhilfenahme von Labor und anderweitigen apparativen Untersuchungen erschwert die Tätigkeit sehr. Hinzu kommt dann noch das Problem mit den täglichen Stromausfällen, welche oft über mehrere Stunden anhalten. Auf diese Weise werden die eh schon begrenzten Möglichkeiten nochmals weiter eingeengt. Die Klinik besitzt zwar einen Generator, dieser ist aber defekt und wird wegen Geldmangel auch nicht wieder Instand gesetzt.
Bei der gesamten Arbeit stützt man sich im Wesentlichen auf die Anamnese, also die Dinge die einem der Patient erzählen kann.;) Genau das ist für uns eine echte Herausforderung, da wir die vielen verschiedenen ghanaischen Sprachen nicht beherrschen. Eine körperliche Untersuchung der Patienten findet hier so gut wie nicht statt. Diese nimmt erstens Zeit in Anspruch und zweitens wird hier niemand beschäftigt, der diese Techniken beherrscht. Entsprechend der Möglichkeiten wird hier also eine sehr pragmatische Medizin praktiziert. Doch auch dieser Art der Behandlung kann man Gutes abgewinnen. Es existiert hier nämlich kein funktionierendes Netz aus Notaufnahmen, Rettungsdienst und im Ernstfall Intensivstationen. Das heißt, dass die Vorsorge und Vorbeugung vor schweren Verläufen sehr wichtig ist. Ganz abgesehen davon ist es für uns jedes mal sehr interessant, wenn wir wieder einen Notfall rein bekommen und sehen wie dieser hier erst versorgt wird. Uns macht das Arbeiten in der Klinik dennoch oder gerade deshalb sehr viel Spaß! Vor allem bekommen wir ein breites Spektrum an Erkrankungen zu sehen und lernen auf diese Weise! Außerdem genießen wir den interkultureller Austausch mit unseren Kollegen, von dem wir viel lernen können. Durch diese Kooperation können wir zu einer Verbesserung der Behandlung vor Ort betragen. So bringen wir unser Wissen ein und helfen durch körperliche Untersuchungen Diagnosen einzuengen oder auszuschließen. Es ist zudem sehr schön für uns hier zu sein, da wir nicht nur einen echten Einblick in die Gepflogenheiten und die ghanaische Kultur bekommen, sondern sich auch eine Freundschaft mit unseren Kollegen entwickelt hat, die unsere Arbeit hier noch unvergesslicher macht. Und „Danke“ an all die Kinder hier im Health Center, die uns mit ihrem täglichen Gesang „Hey Obruni (=Ausländer), how are you, I am fine, thaaaaank you“ zum lachen bringen.
Kakum Nationalpark und Elmina Castle
Neben unseren Erfahrungen in der Klinik und den Projekten gibt es eine Menge anderer Dinge zu entdecken. Und so unternehmen wir an den Wochenenden Ausflüge in die Umgebung!
Eines davon ist der 35 km nördlich von Cape Coast gelegene Kakum National Park. Dieser 350 km² große Nationalpark hat es sich zum Ziel gesetzt, den hier ursprünglich vorkommenden Regenwald zu beschützen. Im Park gibt es unter anderem Waldelefanten, Waldbüffel, Wildschweine, Affen und viele andere Tiere. Solcherlei Tiere bekommt man aber nur mit viel Geduld und entsprechender Vorplanung zu Gesicht.
Um die Beobachtungschancen zu verbessern hat sich der Park eine andere besondere Attraktion eingerichtet. Es gibt die Möglichkeit auf Aluleitern, die mit Netzen und Seilen gesichert sind, hoch über den Baumwipfeln einen Sparziergang zu machen! Wir hatten das besondere Glück, dass wir vor den Öfffnungszeiten (die wir nicht kannten) vor Ort waren und deshalb den gesamten Canopy Walk für uns hatten. Und es war einfach wunderschön die Aussicht und die unverwechselbare Dschungelgeräuschkulisse zu genießen.
Daneben lieben wir es Ausflüge an die Küste rings um Cape Coast zu machen. So haben wir von Cape Coast aus, Ort für Ort Strände erkundet und uns gelegentlich auch in die meter-hohen Wellen mit starker Strömung gewagt. Nur 15 km von Cape entfernt liegt die 25.000 Einwohner zählende Stadt Elmina. Diese Ortschaft war eine der ersten von den Europäern gegründete Stadt und verfügt dementsprechend über die älteste Burganlage in Ghana.
Die Stadt wurde wohl im Jahre 1471 von den Portugiesen initiiert und der Name Elmina (= die Mine) bezieht sich auf die reichen Goldvorkommen der Küste. 1637 gelang es den Holländern die Anlage zu erobern. So wurde die Burg dann die nächsten 274 Jahre als Umschlagsort für Sklaven und Gold genutzt ehe es den Briten geschenkt wurde.
Wie bereits in Cape Coast Castle gingen wir auch hier auf eine Reise in die Vergangenheit! Und wieder waren wir ganz gefangen und bewegt von all den Dingen die hier über so viele Jahre stattgefunden haben. Heute ist Elmina wegen seiner direkt am Castle gelegenen Flussmündung vor allem als Fischerort bekannt. Und so konnten wir direkt von der Burg aus dem bunten Treiben im Fischhafen zusehen! Hier konnten wir zudem eine weitere Besonderheit des Fanitlandes erkunden: die (sogenannten) Posuban Schreine. Das sind kleine tempelartige Anlage der alten militärischen Schutzorganisationen. Sie erzählen von den Siegen und Niederlagen der jeweiligen Truppe und noch heute werden hier Gebete gesprochen und Opfergaben dar gebracht.
Abschied aus Cape Coast
Nach über sieben Wochen in dem beschaulichen Dörfchen Mpeasem nahe Cape Coast, neigt sich unser Aufenthalt in Ghana und zugleich unsere Reise dem Ende zu.
Die letzten Tage hieß es daher schon von vielen Abschied nehmen. So haben wir diese Tage genutzt um uns von unseren Projekten, Kollegen, Patienten und Freunden zu verabschieden.
Wir können definitiv festhalten, dass wir hier eine großartige Zeit hatten und unsere Arbeit und die Freunde, die wir gefunden haben, sehr vermissen werden. Dennoch freuen wir uns im Moment auf eine entspannte letzte Woche, in der wir entlang der ghanaischen Küste traveln wollen und unsere vielen unbeschreiblichen Eindrücke der letzten Wochen und Monate setzen lassen wollen.
Unsere eigentliches Projekt mit Ando Modular Aid hat ja sich nicht wie gewünscht realisieren lassen. Aber wie so oft im Leben ist es eben so, dass sich dort wo ein Tor sich schließt gleichzeitig viele Türen öffnen. Rückblickend haben wir so all das verwirklichen können, was wir uns immer gewünscht haben. Wir konnten uns in vielen verschiedenen Projekten einbringen und so einzigartige Erfahrungen sammeln.
So haben wir einzelne Patienten zu Hause besucht, mit einer kanadischen Missionarin Patienten auf der Straße behandelt, in einer Klinik in Ankaful spezialisierte Medizin mit Leprapatienten gesehen, konnten im Health Center in Cape Coast die medizinische Grundversorgung in Ghana kennenlernen und haben in der Baobab Schule eine physiotherapeutische Behandlung ins Leben gerufen.
Besonders die Arbeit in und mit der Baobab Children Foundation lag und liegt uns am Herzen! Der Abschied fiel uns entsprechend schwer, vor allem weil sich alle so emotional von uns verabschiedet haben und wir mit viel Erinnerungen und Präsenten entlassen worden sind! Jetzt schon steht fest, dass wir in Kontakt bleiben werden und weiterhin als Ansprechpartner dienen um so nachhaltig für die Kinder etwas bewirkt zu haben.
In unserer Zeit in Cape Coast haben wir auch eine kanadische Missionarin kennengelernt. Diese verbringt viel Zeit damit den Menschen auf der Straße zu begegnen und deren Probleme vor Ort einfach und unkompliziert zu lösen. Unter anderem haben wir zusammen mit ihr am letzten Wochenende ein nahe gelegenes Fischerdorf besucht. Hier leben viele Familien, die lediglich von ihrem gefangenen Fisch leben und so täglich ums Überleben kämpfen müssen. Geld für medizinische Hilfeleistung ist somit auch nicht vorhanden. Gemeinsam haben wir uns dann einiger der Fälle angenommen. Es war eine spannende Angelegenheit, besonders die Kinder im Dorf haben sich alle um uns herum versammelt.
Ein wesentliches Problem hier ist dass viele Menschen Analphabeten sind. So haben wir viel Aufklärungsarbeit geleistet und Dinge erklärt, die zu Hause selbstverständlich sind. Das Arbeiten direkt am Menschen vor Ort war für uns eine neue und einzigartige Erfahrung und hat uns sehr gut gefallen!
Im Health Center hat uns eine Krankenschwester gefragt, ob wir ihr bei der Therapie ihres zehn Monate alten Sohns mit Spina Bifida (offenes Rückrat) helfen können. So konnte sich Steffi mit ein wenig Unterstützung aus Deutschland (von einer befreundeten Kinder-Physiotherapeutin) auch dieser Form der Behandlung versuchen. Es war eine großartige Erfahrung mit dem kleinen Cornelius zu arbeiten und der Mama so ein paar Übungen für die tägliche Therapie zu Hause zu zeigen. Ihr einziger Wunsch ist es ihren Sohn einmal zur Schule gehen zu sehen!
In dem Health Center in Cape Coast haben wir gelernt wie die basale medizinische Versorgung der Patienten hier aussieht. Für zwei Wochen waren wir zudem in einer Spezialklinik für Hauterkrankungen und im Speziellen Lepra tätig. So haben wir zusätzlich Einblick in eine Erkrankung bekommen, die es in Deutschland seit langem nicht mehr gibt!
Wehmütig haben wir jetzt auch unsere letzte Trommelstunde mit unseren genialen Trommellehrer Derrick im Schatten der tropischen Bäume gehabt. Und eigentlich haben wir jetzt genug Können um unsere Nachbarn wach zu halten.
Mit all diesen Erlebnissen und Erfahrungen werden wir jetzt eine Woche Strandurlaub machen und uns so auf den deutschen Frühling und vor allem auf euch freuen!
Abschiedstour – Busua und Ezile Bay
Nachdem wir uns von unseren Projekten verabschiedet hatten sind wir zunächst über Takoradi nach Busua. Der Ort gilt als so etwas wie „der“ schönste Strand Ghanas mit entsprechender Infrastruktur (Restaurants, Pensionen, etc.). Wir haben dort im Alaska Guesthouse ein gecheckt. Tatsächlich ist der Strand hier sehr schön. Toll ist auch, dass man gefahrlos ins Wasser gehen und schwimmen kann. Typischerweise haben die Stränden in Ghana eine zu starke Strömung, um sicher schwimmen zu können und so kommen jedes Jahr auch Touristen ums Leben. Wir haben den Tag in Busua dahin plätschern lassen und uns mit einem leckeren Abendessen im Busua Inn Guesthouse verwöhnt.
Nächstes Ziel war die 40 Fahrminuten entfernte Ezile Bay Ecolodge.
Ursprünglich wollten wir die gesamte Westküste entlang traveln, aber um es vorweg zu nehmen: hier sind wir so was von hängen geblieben! Es ist einfach unheimlich schön hier. Die kleinen traditionellen Häuschen der Ecolodge wurden zwischen zwei kleinen Fischerdörfern errichtet und liegen (wie der Name schon vermuten lässt) in einer traumhaft schönen Bucht. Dadurch kann man hier sogar noch entspannter schwimmen als in Busua und man hat dabei einen fantastischen Blick auf das Dorf und den tropischen Küstenwald.
Der Tourismus in Ghana leidet im Moment etwas. Das liegt unter anderem daran, dass die Ebolaepidemie in Sierra Leone, Guinea und Liberia ihren Schatten auf ganz Westafrika geworfen hat. So findet man im Moment eigentlich nur noch Touristen, die hier auch Freiwilligenarbeit leisten. Für uns jedoch war das ein Vorteil, da wir die gesamte Anlage für uns hatten!!! Und so haben wir dann die nächsten Tage mit viel schwimmen, lesen, am Strand liegen und nachdenken verbracht. Würde man ein afrikanisches Fischerdorf malen wollen, man könnte es sich nicht schöner vorstellen als wir es hier vorgefunden haben. Ein Fluss (Ezile) mündet in die Bucht und trennt gleichzeitig den alten vom neuen Teil des Dorfes. Über den Fluss führt lediglich eine abenteuerlich anmutende Holzbrücke und in dem Gewirr an Gassen zwischen den einfachen Hütten kann man sich schnell verlaufen. Es gibt weder Autos noch sonst irgendwelche Fortbewegungsmittel. Es ist ein wunderbares Gefühl hier jeden Tag her zu kommen.Wenn man sich durch das Dorf bewegt fühlt es sich immer so an als ob man durch die Wohnzimmer der Menschen spaziert und dabei immer herzlich willkommen ist. An unserem Strand stehen auch ein paar, teils sehr alte, Mandelbäume. Deshalb ziehen hier jeden Tag ganz viele Kinder an uns vorbei, die sich die Mandeln aus dem Sand picken, um diese später von der Schale zu befreien und dann zu verkaufen. Doch das Allererste was man hören kann, wenn man sich dem Dörfchen nähert, ist ein wildes Geschrei von „Hello my friend“ der vielen nackt badenden Kinder im Fluss mit. ?
Unser Fazit von Ghana:
Wenn wir in ein paar Tagen Ghana verlassen, dann werden wir viele Dinge vermissen:
Die vielen schreienden Kinder im Dorf die uns jeden Tag, wenn wir Einkaufen waren oder wenn wir morgens zu Schulbeginn außer Haus gegangen sind, gesehen haben.
Die spannend schnellen Überlandfahrten mit den TroTros bei denen man immer engen Kontakt mit seinen Mitfahrern hatte und dabei von riesig großen Kinderaugen angestarrt wurde oder von Kinderhänden berührt wurde.
Immer sind wir dabei auch von der grasgrünen Regenwaldkulisse begleitet worden. Nur unterbrochen von den wunderschön einfachen Dörfern, die einer Farbexplosion gleich einen herrlichen Kontrast dazu gezaubert haben.
Die unzähligen Straßenverkäufer, die ihre Waren auf dem Kopf balancierend, schreiend und geschäftig selbst durch das Fenster des Tros an den Mann bringen wollten.
All die Frauen mit ihrer kreativen, farbenfrohen und selbst geschneiderten ghanaischen Kleidung, die alles Mögliche auf dem Kopf transportiert haben während das Kind mit einem Tuch auf dem Rücken getragen wurde.
Unsere wöchentlichen Fahrten von der Baobab Schule nach Hause, wo wir immer einen unvergesslichen abendlichen Blick auf das Meer mit seinen meterhohen Wellen und den palmengesäumten Strand mit den vielen Fischerbooten hatten. Kurz darauf konnten wir dann den wunderbaren afrikanischen Sonnenuntergang über den Dörfern genießen.
Unsere alltäglichen Einkaufstouren über den Markt, wo uns unsere Lieblingsmarktfrauen immer gut gelaunt erwartet haben.
Die unzähligen mehr als kaputten mit kitschigen Details aufgemotzten Autos und Fahrräder, die in Deutschland nicht mal der Schrotthändler nehmen würde, die aber alle penibel sauber gehalten werden (wash it!).
Das Essen, das so oft nur aus Kohlenhydraten bestanden hat und so viele Menschen dick macht. Das man immer nur mit der rechten Hand und niemals im Gehen gegessen hat. Das es immer irgendwo am Straßenrand zu kaufen gab (Streetfood!) und zu dem man immer herzlich mit einem „you are invited!“ eingeladen wurde wenn man hinzugekommen ist. Kurvige Frauen als Schönheitsideal!
Der unglaublich starke Glaube, den die Menschen hier haben, der ihnen in so vielen Dingen hilft, über den gerne diskutiert und der mit Voodoo, Hexen- und Aberglauben kombiniert wird. Das beinahe jeder einer anderen Kirche angehört und jeder hier einfach eine Kirche eröffnen kann und das dabei so tolerant miteinander umgegangen wird.
Die Menschen, die oft so wenig haben aber dennoch so auf ihr Äußeres und vor allem ihre Haarpracht bedacht sind.
Die Art wie die Menschen hier mit dem Tod umgehen, wenn sie sich für ihre Verstorbenen in Schulden stürzen und eine Party schmeißen wie sie es zu Lebzeiten nicht getan hätten!
Den ghanaischen Smalltalk, der selten übers Wetter ging aber immer und viel mehr darüber wie viele (nicht ob) Kinder man hat, wie sonst die gesamte Familienstruktur beschaffen ist und wie es denn Allen überhaupt so geht.
Die wundervolle ghanaische Musik, die immer laut und meist übersteuert aus riesengroßen Boxen gespielt wurde und zu der die Ghanaer so ausgelassen und fröhlich feiern!
Die kreative Ader der Ghanaer, die so schöne Bilder, so wahnsinnig laute Trommeln, wunderschönen Schmuck und so tolle traditionelle Kleidung hervorbringt.
Aber auch wie kreativ die Menschen, die Dinge hier improvisieren, wenn zum, Beispiel Kinder aus Müll die tollsten Spielzeuge erschaffen.
Die schreienden verrückten afrikanischer Hühner, die uns jeden Morgen einem Uhrwerk gleich geweckt haben und auch immer wieder tagsüber erschreckt haben. ;).
Die Trommelstunden im Schatten der Bäume inmitten der afrikansichen Wildnis.
Trinkwasser aus Beuteln! Die offene Kanalisation!
Unseren lustigen Mitbewohner Mohammed mit dem wir so viele tolle Gespräche und leckere Abendessen hatten! Aber auch alle anderen lebensfrohen, temperamentvollen, aufgeschlossenen, faulen, gut englisch sprechenden und unkomplizierten Menschen hier!